Discussion:
Civil War (2024)
(zu alt für eine Antwort)
Andreas M. Kirchwitz
2024-05-26 10:54:29 UTC
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Hallo Fotografen-Hasser!

Alex Garland liefert oft keine leichte Kost ab, manchmal ist
man begeistert, manchmal möchte man seine Lebenszeit zurück.

"Civil War" hatte bei mir große Erwartungen geweckt, wie Alex
Garland das komplexe und in den USA sehr heiße Thema anpacken
würde. Um vorweg gleich die Antwort zu geben: gar nicht :-(

Zum Thema verweigert sich Garland jeglicher Aussage, erst recht
bezieht er keine Stellung, es ist nicht mal ein Anti-Kriegs-Film.
Warum dreht er als Brite überhaupt einen Film über US-Bürgerkrieg?

Die US-Bundesstaaten sind in einen Bürgerkrieg zerfallen,
man erfährt darüber aber keinerlei Hintergründe. Es ist über
den gesamten Film völlig ohne inhaltliche Bedeutung. Es hätte
auch jedes andere Land sein können, wo irgendwelche beliebigen
Unruhen herrschen. Es spielt überhaupt keine Rolle.

Man begleitet ein Presse/Fotografen-Team auf dem Weg durch
die USA zum Präsidenten nach D.C. Die erleben ein paar Sachen,
aber die Figuren sind so oberflächlich dargestellt und teilweise
unsympathisch, dass einem völlig egal ist, wem sie begegnen und
wer auf der Reise alles stirbt. Keine Sorge, gestorben wird viel.

Die Fotografen haben nur ihre sensationslüsternen Aufnahmen
im Sinn, wobei sie eigentlich bloß jedem auf den Sack gehen.
Vielleicht mag Alex Garland keine Fotografen oder Presse?
Wenn man es so sieht, könnte der Film tatsächlich Sinn ergeben.

Action gibt's den Film über praktisch keine. Nur in den letzten
Minuten wird man aus der Lethargie gerissen mit ein bisschen
Geballere. Da passiert dann auch der erzählerische "Höhepunkt"
des Films, doch bis dahin ist einem eh längst alles egal.

Kirsten Dunst spielt die Hauptrolle. Nicht ihr erster Film im
No-Make-up-Look. Hab so gedacht, für Mitte fünfzig klasse Frau,
echt tough, voll Respekt. Bis mir Wikipedia sagt, die ist erst
Anfang vierzig. Oops, mein Beileid.

Viele Kritiker reiten ja auf der "genialen" Idee herum, dass
Texas und Kalifornien als Bündnispartner eine US-Flagge mit
zwei Sternen drauf haben. Genialster Einfall der Filmgeschichte.
Äh? Nee. Da kann man ein Meme draus machen, aber keinen knapp
zwei Stunden langen Film.

Ach so, Sonoya Mizuno spielt auch wieder mit.

Der Film hat mich nicht getriggert ... Andreas
Cornell Binder
2024-05-26 22:02:16 UTC
Permalink
Post by Andreas M. Kirchwitz
Hallo Fotografen-Hasser!
Alex Garland liefert oft keine leichte Kost ab, manchmal ist
man begeistert, manchmal möchte man seine Lebenszeit zurück.
"Civil War" hatte bei mir große Erwartungen geweckt, wie Alex
Garland das komplexe und in den USA sehr heiße Thema anpacken
würde. Um vorweg gleich die Antwort zu geben: gar nicht :-(
Hast Du den ersten Trailer gesehen? Resp. was war Deine
Erwartung vorm Film. Da ging ja viel durchs Netz was
interessante Effekte hatte.

Bei mir kam z.B. initial an, das Leute einfach nur einen
Film Bürgerkriegsactionfilm im Sinne Democrats vs.
Republicans erwartet haben.

Und viele haben sich gefragt, warum man sich sowas anschauen
sollte. Das war auch in der ersten Woche sehr gut zu
beobachten wie sich dann die Bewertung des Filmes von "was
erwarten wir" zu "oh, das ist ja was ganz anderes" gedreht
hat.

(Die die vorher heiß waren und gehofft haben, daß "ihre
Seite" siegt waren enttäuscht und die die sich nichts
vorstellen konnten, waren angenehm überrascht, daß das ja
doch ein ernsthafter Film ist.)
Post by Andreas M. Kirchwitz
Zum Thema verweigert sich Garland jeglicher Aussage, erst recht
bezieht er keine Stellung, es ist nicht mal ein Anti-Kriegs-Film.
Warum dreht er als Brite überhaupt einen Film über US-Bürgerkrieg?
Er dreht einen Film über die Absurditäten eines
Bürgerkrieges, der zur Abwechslung mal in den USA
stattfindet. Nicht das übliche westliche Moralisieren, wenn
sich us-amerikanische Reporter in der unterentwickelten Welt
für "die Wahrheit" einsetzen, sondern mal im eigenen Land
den damit verbundenen Wahnsinn erleben und es keine
Deutungshoheit mehr gibt.


Statt uns platt zu sagen warum die Dinge so sind wie sie
sind, wird das elegant in Gespräche eingefügt. Und was mich
auch so beeindruckt hat, ist wie die Größe der USA einge-
flochten wird. Also das ein Bürgerkrieg eben nicht auto-
matisch alle betrifft und Millionen sich sogar einreden
können, das schon alles in Ordnung ist uns sie davon ja
nicht betroffen sind, etc.


Der Film will keine (plausible) spekulative Geschichte über
den politischen Zerfall der USA erzählen, sondern einfach
nur zeigen welche verschiedenen Aspekte ein Bürgerkrieg so
haben kann und wie das in den USA aussehen könnte.


Es ist auch eine kleine Liebeserklärung an Kriegsreporter
die in einer wirklich klischeehaften Gruppe unterwegs sind.
Veteran, Profi, Anfänger. Das ideal Setting um auch dem
Zuschauer Fragen (zum Thema Kriegsreporter) zu beantworten
die sich ihm so stellen.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Vielleicht mag Alex Garland keine Fotografen oder Presse?
Wenn man es so sieht, könnte der Film tatsächlich Sinn ergeben.
Er beleuchtet schonungslos den Widerspruch zwischen Anspruch
der Dokumentation und Geltungsbedürfnis. (Wer macht das Foto
auf dem der Tod des Präsidenten zu sehen ist.)
Post by Andreas M. Kirchwitz
Kirsten Dunst spielt die Hauptrolle. Nicht ihr erster Film im
No-Make-up-Look. Hab so gedacht, für Mitte fünfzig klasse Frau,
echt tough, voll Respekt. Bis mir Wikipedia sagt, die ist erst
Anfang vierzig. Oops, mein Beileid.
Ähm, No-Makeup-Look heißt *nicht* das sie für die Rolle
nicht geschminkt ist. Eine Frau kann in Filmen älter oder
jünger aussehen ohne zusätzlich noch in der Rolle Makeup zu
tragen. Eigentlich wie bei Männern. Da geht doch auch
niemand davon aus, daß das auf der Leinwand zu sehende
"Alter" dem biologischen Alter des Schauspielers entsprechen
muss.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Viele Kritiker reiten ja auf der "genialen" Idee herum, dass
Texas und Kalifornien als Bündnispartner eine US-Flagge mit
zwei Sternen drauf haben. Genialster Einfall der Filmgeschichte.
Äh? Nee. Da kann man ein Meme draus machen, aber keinen knapp
zwei Stunden langen Film.
Das war so ein kleiner Moment im Vorfeld des Filmes wo
wenige Informationen vorlagen. Als man erfuhr das es ein
Bürgerkrieg in den USA seien sollte, war der erste Reflex
natürlich wer gegen wen. Und wenn man Bundesstaaten aus-
wählen müßte wäre da natürlich Kalifornien vs. Texas ganz
oben mit dabei.

Deswegen ist es so ein kleiner Witz, daß gerade diese beiden
Bundesstaaten eine Allianz bilden. Aber mehr ist es auch
nicht. Im Film selber ist das IIRC auch nur in irgendeiner
Einblendung zu sehen. Insoweit ist das etwas in das sich ein
paar Leute reingesteigert haben, aber für den Film ist das
irrelevant, noch war das irgendeine Ausgangsbasis.

Wenn Dir das irgendwo als der heiße Scheiß des Filmes ver-
kauft wurde, dann tut mir das leid.


CoBi
--
recently seen in a cinema near me:
Ghostbusters - Frozen Empire .......................................... 3324
Kleine schmutzige Briefe .............................................. 3323
Radical - Ein Klasse für sich ......................................... 3322
Andreas M. Kirchwitz
2024-05-27 01:03:14 UTC
Permalink
Post by Cornell Binder
Post by Andreas M. Kirchwitz
"Civil War" hatte bei mir große Erwartungen geweckt, wie Alex
Garland das komplexe und in den USA sehr heiße Thema anpacken
würde. Um vorweg gleich die Antwort zu geben: gar nicht :-(
Hast Du den ersten Trailer gesehen? Resp. was war Deine
Erwartung vorm Film. Da ging ja viel durchs Netz was
interessante Effekte hatte.
Trailer oder Film-Kritiken hatte ich nicht mitbekommen, sondern nur
im Vorfeld mal gelesen, dass Garland was über US-Bürgerkrieg dreht.

Als Nicht-US-Bürger war es mir völlig egal, ob oder welche Partei
Garland ergreifen könnte. Da hatte ich keinerlei Anspruch, weil
ich ja zu keinem der beiden politischen Lager in den USA gehöre.

Von Garland hatte ich auch keinen reinen Action-Film erwartet,
sondern eher ein politisches Statement allgemein zu Bürgerkriegen
innerhalb unserer bequemen First-World-Länder.

Davon lässt Garland aber komplett die Finger und tischt uns so
eine emotional wenig fesselnde Pressefotografen-Story auf. Warum
der Film "Civil War" heißt, wird nicht so ganz klar. Das hätte
überall spielen können, wo die Lage gerade etwas unruhig ist.

Was Du als Chance beschreibst, Bürgerkrieg in den USA zu zeigen
statt in irgendeinem Dritte-Welt-Land, das greift Garland bewusst
leider nicht näher auf.

Erinnerungswürdig einzig die Sequenz mit Jesse Plemons, der die zwei
asiatischen Presse-Typen abknallt, weil sie ihm nicht amerikanisch
genug waren. Unglücklicherweise hat man die Asiaten zuvor wenig
sympathisch dargestellt, und überhaupt das ganze Presse-Team weckt
wenig Mitgefühl. Irgendwie wünscht man sich sogar, dass Plemons
die unsympathische Bande wegballert. Vielleicht wollte Garland das
genau so, und nun soll ich mich als Zuschauer schrecklich fühlen,
für den Bruchteil einer Sekunde so gedacht zu haben. Äh, nein.
Post by Cornell Binder
Er dreht einen Film über die Absurditäten eines
Bürgerkrieges, der zur Abwechslung mal in den USA
stattfindet.
Was Garland da zeigt, ist doch Kinderkram. Das ist Bürgerkrieg?
Wenn das alles ist, dann ist Bürgerkrieg ja gar nicht so schlimm.
Vielleicht sollte man Garland mal nachts allein in der Hasenheide
oder im Görlitzer Park aussetzen. :-)
Post by Cornell Binder
Wenn Dir das irgendwo als der heiße Scheiß des Filmes ver-
kauft wurde, dann tut mir das leid.
Auch wenn der Film derzeit noch einen vergleichsweise passablen
IMDB-Score hat, so gleichen sich viele Rezensionen darin, dass
keiner so genau weiß, wo er den Film einordnen soll und was der
Film einem eigentlich sagen will.

Civil War macht eher Lust auf Bürgerkrieg. Ist ja nicht so wild.

Ich kann mir nur irgendwie nicht vorstellen, dass Alex Garland
das dem Zuschauer mit auf den Weg geben wollte.

Civil War hat für mich eher diese seelenlose Feeling mancher
Netflix-Eigenproduktionen. Schöne Bilder, aber sonst eher hohl.

Filme von Alex Garland mögen normalerweise zwar Geschmackssache
sein, aber bisher konnte man Garland eigentlich nicht vorwerfen,
dass seine Werke nicht genug Substanz haben. In diesem Fall
leider schon.

Das ist alles natürlich nur meine Meinung und mein Empfinden.
Wäre der Macher nicht Garland, hätte ich vermutlich eine ganz
andere Meinung und hätte den Film als nette Abendunterhaltung
empfunden. War ja alles sehr professionell gemacht. Vor allem
was die Optik betrifft, gehört Alex Garland zu den besten.

Grüße, Andreas
Christian Weisgerber
2024-05-27 19:26:04 UTC
Permalink
Post by Andreas M. Kirchwitz
Was Du als Chance beschreibst, Bürgerkrieg in den USA zu zeigen
statt in irgendeinem Dritte-Welt-Land, das greift Garland bewusst
leider nicht näher auf.
?!?
Post by Andreas M. Kirchwitz
Was Garland da zeigt, ist doch Kinderkram. Das ist Bürgerkrieg?
Wenn das alles ist, dann ist Bürgerkrieg ja gar nicht so schlimm.
?!?
Ich sehe da eine Landschaft voller Trümmer und Leichen, und wir
werden Zeuge einer ganzen Reihe von Gräueltaten.

- Qre Fryofgzbeqnafpuynt nz Nasnat.
- Qvr qhepu Fryofgwhfgvm va qre Jnfpufgenßr uäatraqra Sbygrebcsre.
- Rva irejhaqrgre Fbyqng, qre fvpu retrora jvyy, jveq refpubffra.
Frvar trsnatratrabzzra Xnzrenqra jreqra uvatrevpugrg.
- Qre Urpxrafpuügmr, qre nhs nyyr fpuvrßg.
- Qnf Znffrateno haq qvr jvyyxüeyvpur Refpuvrßhat qre orvqra
nfvngvfpura Ercbegre.
- Orvz Fghez nhsf Jrvßr Unhf jveq nyyrf avrqretrfpubffra, buar
Trsnatrar mh znpura.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Cornell Binder
2024-05-27 21:39:48 UTC
Permalink
Post by Andreas M. Kirchwitz
Was Du als Chance beschreibst, Bürgerkrieg in den USA zu zeigen
statt in irgendeinem Dritte-Welt-Land, das greift Garland bewusst
leider nicht näher auf.
Ich meine damit nicht irgendeine spezielle Note von
us-amerikanischem Bürgerkrieg, sondern das "daheim". Und
Bürgerkrieg ist auch kein Action-Film sondern effektiv nur
noch Grausamkeit auf einem sehr kleinen Level.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Post by Cornell Binder
Er dreht einen Film über die Absurditäten eines
Bürgerkrieges, der zur Abwechslung mal in den USA
stattfindet.
Was Garland da zeigt, ist doch Kinderkram. Das ist Bürgerkrieg?
Wenn das alles ist, dann ist Bürgerkrieg ja gar nicht so schlimm.
Keine Ahnung was Du Dir unter Bürgerkrieg vorstellst. Ich
habe persönlich bisher keinen erlebt. Aber das was ich durch
Jahrzehnte Filmfestival-Aufarbeitung über den Balkan gesehen
habe, paßt verdammt gut damit überein was Garland hier
zeigt.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Post by Cornell Binder
Wenn Dir das irgendwo als der heiße Scheiß des Filmes ver-
kauft wurde, dann tut mir das leid.
Auch wenn der Film derzeit noch einen vergleichsweise passablen
IMDB-Score hat, so gleichen sich viele Rezensionen darin, dass
keiner so genau weiß, wo er den Film einordnen soll und was der
Film einem eigentlich sagen will.
Der Film steht jedenfalls nicht mit einer offensichtlichen
moralischen Botschaft auf der Matte die der ein oder andere
haben will.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Civil War macht eher Lust auf Bürgerkrieg. Ist ja nicht so wild.
Wer wird es schon besser wissen als ein Deutscher wie Krieg
so ist. Sorry, aber das hat für mich fast schon so Vibes wie
als damals Syrern erklärt wurde, wie man richtig flieht.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Ich kann mir nur irgendwie nicht vorstellen, dass Alex Garland
das dem Zuschauer mit auf den Weg geben wollte.
Ich glaube nicht, daß Garland auch nur ansatzweise irgendwen
agitieren wollte. Willst Du ernsthaft erwarten, daß es eine
Aufgabe eines Regisseurs ist den Leuten zu erklären, daß
Krieg scheiße ist? Das das am Ende der wichtigste Aspekt des
Filmes seien muss?

Für mich hat der Film klare Eigenheiten einer Kurzgeschichte.
Wir sind einfach mittendrin in einer größeren Handlung ohne
das zu sehr auf den Rahmen eingegangen wird. Stattdessen
widmen wir uns der "human condition" und wie sich Menschen
in solchen Situationen verhalten. Wir haben am Ende zwar
einen klaren Plotpoint den wir als Abschluß verstehen
könnten, aber es könnte auch sein dass das gar keine Wirkung
auf den eigentlich Konflikt hat und der einfach weitergeht.



Ich finde das Umfeld des Filmes sehr interessant, gerade in
auch der Anteil der Leute die das gern als Abrechnung mit
der von ihnen verhaßten "anderen Seite" gesehen hätten.

Deine Position von "das ist doch kein richtiger Bürger-
krieg" ist mir bisher noch nicht untergekommen. Faszinierend.


CoBi
--
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Christian Weisgerber
2024-05-27 19:01:21 UTC
Permalink
Post by Andreas M. Kirchwitz
Alex Garland liefert oft keine leichte Kost ab, manchmal ist
man begeistert,
Erstaunlich für jemanden, der als Roman- und Drehbuchautor angefangen
hat, ist es, seitdem er selbst auf dem Regiestuhl Platz genommen
hat, sein Sinn für audiovisuelle Ästhetik, der genau bei mir
einschlägt.
Post by Andreas M. Kirchwitz
manchmal möchte man seine Lebenszeit zurück.
Ah, du hast _Men_ gesehen. :->
Post by Andreas M. Kirchwitz
"Civil War" hatte bei mir große Erwartungen geweckt, wie Alex
Garland das komplexe und in den USA sehr heiße Thema anpacken
würde. Um vorweg gleich die Antwort zu geben: gar nicht :-(
Falsche Erwartungen scheinen das größte Problem für den Film zu
sein. Zu viele haben eine Geschichte erwartet, der die aktuelle
politische Spaltung in den USA in einen Bürgerkrieg münden lässt.
Zumindest der Trailer, dem ich irgendwann mal im Kino ausgesetzt
war, hat das noch befeuert: "What kind of American are you?"
Post by Andreas M. Kirchwitz
Zum Thema verweigert sich Garland jeglicher Aussage, erst recht
bezieht er keine Stellung, es ist nicht mal ein Anti-Kriegs-Film.
Doch, ein Antikriegsfilm ist es auch. Ich sehe überall nur Opfer
eines verheerenden Bürgerkriegs, weit und breit keine Helden. Nicht
nur, dass wir von den benannten Kriegsparteien nicht wissen, was
sie wollen, an mehreren Stellen im Film bleibt gänzlich offen, wer
da überhaupt gegen wen kämpft. Übrig bleibt nur der Schrecken des
Krieges.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Warum dreht er als Brite überhaupt einen Film über US-Bürgerkrieg?
Sieh es pragmatisch: Es ist ein amerikanischer Film, dessen
amerikanische Geldgeber ihre Investition an der amerikanischen
Kinokasse beim amerikanischen Publikum Gewinn abwerfen sehen wollen.
Und da trifft ein Bürgerkrieg in den USA das Publikum mit sehr viel
größerer Wucht als einer in Elbonien, wie man ihn schon sein ganzes
Leben lang in den Fernsehnachrichten sehen kann.

Wie einige Kritiker feststellen: Garland zeigt den Amerikanern einen
Krieg im eigenen Land in gleichen Stil, wie sie sonst Kriege in
fernen Ländern zu sehen bekommen.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Man begleitet ein Presse/Fotografen-Team auf dem Weg durch
die USA zum Präsidenten nach D.C. Die erleben ein paar Sachen,
aber die Figuren sind so oberflächlich dargestellt und teilweise
unsympathisch, dass einem völlig egal ist, wem sie begegnen und
wer auf der Reise alles stirbt. Keine Sorge, gestorben wird viel.
Es ist ein Film. Für mehr als Stereotypen und grobe Zeichnungen ist
keine Zeit. Und so erleben wir die klassischen Figuren mit den zu
erwartenden Entwicklungen: der alte Veteran bei seinem letzten
großen Einsatz; die knallharten Profis, die doch an ihre Grenzen
stoßen; und der naive Neuling, der entweder scheitern oder selbst
abgebrüht aus dem Erlebten hervorgehen wird.

"I want to be a war photographer."
Meine spontane Gedankenantwort: "No, you don't."

Und da wir wissen, dass solche Geschichten auf zwei Arten ausgehen
können, ist die Frage nach 15 Minuten: Wird Lee oder Jessie sterben?
Post by Andreas M. Kirchwitz
Vielleicht mag Alex Garland keine Fotografen oder Presse?
Er dreht einen Film aus ihrer Perspektive, zeigt, wie sie für ihre
Tätigkeit ein Stück Menschlichkeit aufgeben, und stellt die Frage
in den Raum, ob ihre Arbeit überhaupt eine Wirkung entfaltet. Sie
dokumentieren das Gräuel, aber was macht ihr Publikum damit?
Post by Andreas M. Kirchwitz
Action gibt's den Film über praktisch keine.
Es ist eine stetige Steigerung von Schrecken und Gewalt. Garland
schafft, wieder einmal, eine Atmosphäre anhaltender Bedrohung.
Irgendwie erinnert diese ganze Reise so etwas an _Apocalypse Now_.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Ach so, Sonoya Mizuno spielt auch wieder mit.
Und Nick Offerman als Präsident und Karl Glusman und Jin Ha als
Scharfschützenteam. Zusammen mit Cailee Spaeny und Stephen McKinley
Henderson haben wird mehr oder minder alle aus _Devs_ beisammen.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Der Film hat mich nicht getriggert ... Andreas
Er hat mich nicht provoziert und ich hatte schon die vage Warnung
"nicht was ihr glaubt" mitbekommen, so dass ich ohne falsche
Erwartungen rangegangen bin. Der Film hat mir gut gefallen, aber
warum kann ich wie so oft nicht artikulieren. Cornell hat da gute
Einsichten geliefert.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
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