Discussion:
Saltburn (2023)
(zu alt für eine Antwort)
Andreas M. Kirchwitz
2023-12-27 00:02:43 UTC
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Hallo UK-Fans!

"Saltburn" wird derzeit als Insider-Tipp gehandelt. Teilweise bewegt
sich der Film einen Schritt jenseits des guten Geschmacks soweit es
Körperflüssigkeiten betrifft, aber ein gewöhnlicher Tag im Berliner
ÖPNV kann da deutlich ekliger und verstörender sein, glaubt es mir.

Saltburn führt uns ins Leben einiger verwöhnter Studenten in UK ein
und im Verlauf des Films dann auch in deren abgehobenes Familienleben.

Anfangs versteht man nicht so recht, was überhaupt die Handlung sein
soll, der Film bummelt etwas herum, aber das wird bald klarer und
die Geschwindigkeit nimmt zu. Die Steigerung wird so absurd, dass
das Ende in wenigen Minuten einfach nur noch so hingerotzt wird und
man als Zuschauer mit vielen Fragen ratlos zurückbleibt, vor allem
mit der einen ganz zentralen Frage, welche Motivation es gab für
den gezeigten Verlauf der Dinge. (Um Spoiler zu vermeiden, kann ich
leider nicht ins Detail gehen.)

Optisch ist der Film schön umgesetzt, was vor allem der Location
zu verdanken ist, sozusagen ein umfreiwilliger Star des Films. :-)

Am Ende versteht man einerseits, warum der Film von manchen als
Insider-Tipp gesehen wird, weil er ein bisschen Tabus bricht,
alles ein bisschen absurd, die Optik ist sehr schön, und auch
die Songs/Musik passen gut, man ist ein bisschen geflasht.

Wenn man wieder runter von dem Trip ist, bleibt aber weiterhin die
unbeantwortete Frage, warum haben die Figuren so gehandelt haben,
wie es dargestellt worden ist. Schade. Das macht alles kaputt.

Es gab vor einiger Zeit einen ähnlichen Film nach einem noch viel
älteren Buch, und dort war aber wenigstens besser ersichtlich,
was die Figuren angetrieben hat.

Merkwürdiger Film. Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht so
wirklich überzeugend, vor allem wegen des dahingeschluderten Endes.
Irgendwie schade drum, der Film hätte was Kultiges gehabt...

Grüße, Andreas
Christian Weisgerber
2023-12-27 14:40:42 UTC
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Post by Andreas M. Kirchwitz
"Saltburn" wird derzeit als Insider-Tipp gehandelt.
Den habe ich angefangen zu schauen, aber nicht zu Ende geschafft.
Zu absurd, die Figuren sind alle Karikaturen, aber nicht lustig
oder satirisch. Weder Figuren noch Handlung haben irgendwie Interesse
geweckt, ich habe mich entsetzlich gelangweilt. Das weckt Erinnerungen
an den Literaturunterricht in der Schule - also eine Literaturverfilmung?
*nachschlag* Nein, offenbar nicht.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Anfangs versteht man nicht so recht, was überhaupt die Handlung sein
soll, der Film bummelt etwas herum, aber das wird bald klarer und
die Geschwindigkeit nimmt zu. Die Steigerung wird so absurd, dass
das Ende in wenigen Minuten einfach nur noch so hingerotzt wird und
Dann spoilere ich mich mal in Wikipedia. Aha, der Film läuft also
tatsächlich dahin, wo ich dachte, dass er hinlaufen würde, wenn er
eine Handlung hätte.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Merkwürdiger Film.
Hat bei mir so überhaupt nicht funktioniert.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Cornell Binder
2023-12-29 01:41:01 UTC
Permalink
Post by Andreas M. Kirchwitz
"Saltburn" wird derzeit als Insider-Tipp gehandelt. Teilweise bewegt
sich der Film einen Schritt jenseits des guten Geschmacks soweit es
Körperflüssigkeiten betrifft, aber ein gewöhnlicher Tag im Berliner
ÖPNV kann da deutlich ekliger und verstörender sein, glaubt es mir.
Der Film mag mehr zeigen, als man bei Thrillern sonst
gewöhnt ist, aber ehrlich gesagt hätte ich da jetzt bei
Deiner Schilderung mehr erwartet.

Mir war im Vorfeld der Verweis auf den talentierten Mr.
Ripley untergekommen, so das mich dadurch die erste Hälfte
nicht abgeschreckt hat, weil ich vermutete das da noch mehr
kommt, als nur eine Variation von "Call Me By Your Name".

Wobei mich die Songauswahl von Anfang an mitgenommen hat.
Nicht ganz so intensiv wie bei Marie Antoinette aber es war
grundsätzlich ein Mixtape für mich. Das mag überbrückt
haben, was für andere langweilige Szenen waren.

Die Darstellung eines degenerierten und selbstherrlichen
Adels fand ich sehr gelungen. Ist alles nicht neu, aber
das kann man ja kaum einem Film vorwerfen, wenn es so gut
umgesetzt ist.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Merkwürdiger Film. Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht so
wirklich überzeugend, vor allem wegen des dahingeschluderten Endes.
Dahingeschludert? Ich verstehe ja die Kritik am langezogen
Anfang. Aber ich am Ende das Pacing genau richtig. Aber das
steht vermutlich alles stark in Relation zur persönlichen
Einstellung bis zu diesem Punkt.


Ich fand die Balance um die Frage "ob oder ob nicht" sehr
gelungen und habe mich nicht an der Nase herumgeführt
gefühlt wie das bei anderen Filmen manchmal ist.


Ich glaube die Sache mit dem Insider-Tipp kommt auch daher,
das die Grundbeschreibung des Filmes an sich kaum neugierig
macht. Warum sollte man das schauen? "Oxford Student verbringt
den Sommer auf dem Anwesen seines Schulfreundes bei dessen
versnobter Familie." Die wenigsten werden da sofort heiß und
wollen das unbedingt sehen. Die denen es gefallen hat,
drängen dann darauf das man das doch schauen soll, was dann
wieder zur Erwartungen führt die oft enttäuschen.

Saltburn würde ich gezielt empfehlen. Also an Leute deren
Filminteressen ich kenne. Der Film ist zwar nicht
anstrengend, aber auch nichts zum Abschalten und Spaß haben.
Das muss man schon sehen wollen.


Ich bin jedenfalls froh ihn gesehen zu haben. Im Gegensatz
zu letzter Woche wo ich im Sneak "The Haunting of the Queen
Mary" hatte. Hilfe. Bei allem Verständnis darüber was die
Macher erzählen wollten, aber das war wirklich so ein Moment
wo ich kurz davor bin von verschwendeter Lebenszeit zu reden.


CoBi
--
recently seen in a cinema near me:
Mission: Impossible Dead Reckoning Teil Eins .......................... 3224
Kandahar .............................................................. 3223
Insidious: The Red Door ............................................... 3222
Andreas M. Kirchwitz
2023-12-29 03:57:09 UTC
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Post by Cornell Binder
Wobei mich die Songauswahl von Anfang an mitgenommen hat.
Nicht ganz so intensiv wie bei Marie Antoinette aber es war
grundsätzlich ein Mixtape für mich. Das mag überbrückt
haben, was für andere langweilige Szenen waren.
Jepp, nette Song-Auswahl, das hat mich bei der Stange gehalten,
sonst hätte ich vermutlich mittendrin nicht mehr weitergeschaut.
Post by Cornell Binder
Die Darstellung eines degenerierten und selbstherrlichen
Adels fand ich sehr gelungen. Ist alles nicht neu, aber
das kann man ja kaum einem Film vorwerfen, wenn es so gut
umgesetzt ist.
Ich habe zwar verstanden, dass die Macher des Films das zum
Ausdruck bringen wollten, doch filmisch gut umgesetzt war es
meiner Meinung nach nicht. Wenn man Geld und so ein Schloss
hat, dann lebt man eben entsprechend. Ich fand das nicht
sonderlich überzogen, abstoßend oder verwerflich, wie die
gelebt haben.

Genau deshalb konnte ich bis zum Schluss auch die Motivation
der Hauptfigur nicht nachvollziehen. Warum hat er so einen
Hass darauf? Wie wir am Ende erfahren, war sein Vorgehen
an vielen Stellen sogar geplant. Das war also keine impulsive
Entwicklung, sondern da muss es eine Vorgeschichte gegeben haben,
jedoch hat für mich die Hauptfigur so nicht funktioniert, weil
es ohne weitere Hintergrundinfos unglaubwürdig für mich war.
Post by Cornell Binder
Post by Andreas M. Kirchwitz
Merkwürdiger Film. Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht so
wirklich überzeugend, vor allem wegen des dahingeschluderten Endes.
Dahingeschludert? Ich verstehe ja die Kritik am langezogen
Anfang. Aber ich am Ende das Pacing genau richtig. Aber das
steht vermutlich alles stark in Relation zur persönlichen
Einstellung bis zu diesem Punkt.
Innerhalb weniger Minuten am Ende kommt plötzlich noch ein
ganz wichtiger Handlungsstrang, nämlich dass die Hauptfigur
der Mutter "zufällig" begegnet und sein böses Werk vollendet.
Das spielt sich sogar nur in wenigen Sekunden ab. Bloß weil
er ihr irgendwann in der Mitte des Films ein paar anzügliche
Komplimente gemacht hat, lässt die Frau sich Jahre später
bereitwillig ruinieren? Und weiterhin fehlt komplett die
Motivation der Hauptfigur für diesen epischen Plan.

Da hätte sich der Film am Ende gern ein paar Minuten Zeit
nehmen dürfen, um die Zuschauer abzuholen.

"Saltburn" hat ja über die meiste Zeit des Films eine recht
wackelige Gratwanderung gemacht, den Zuschauer überhaupt bei
der Stange zu halten. Und das Ende hätte die Chance geboten,
den Zuschauer emotional an den Film zu binden. Aber mich hat
das Ende vor den Kopf gestoßen. Da ist einfach nur Leere.

Vielleicht sollte genau das am Ende ja die Message sein,
aber für mich passt das wiederum nicht zum Rest des Films.

Saltburn wirkt auf mich nicht rund, so als ob da zwei
verschiedene Autoren am Werk waren.
Post by Cornell Binder
Saltburn würde ich gezielt empfehlen. Also an Leute deren
Filminteressen ich kenne. Der Film ist zwar nicht
anstrengend, aber auch nichts zum Abschalten und Spaß haben.
Das muss man schon sehen wollen.
Ja, das beschreibt es gut, "das muss man schon sehen wollen". :-)
Post by Cornell Binder
Ich bin jedenfalls froh ihn gesehen zu haben.
Ich bin ja nicht unglücklich, den Film gesehen zu haben.
Visuell fand ich den Film ansprechend gemacht, auch die
leicht schrägen Elemente haben mir gefallen.

Doch ich weiß nicht, was der Film mir sagen wollte.
Wollte er realistisch sein? Oder war es einfach nur
ein durchgeknallter LSD-Trip ohne tiefere Message?

Ich hätte auch gern viel Geld und so ein nettes Schlösschen.
Und ich glaube, ich würde genau so leben wie die im Film,
also ich fand die eigentlich durchaus sympathisch, halt so
typisch Adel, etwas schräg, aber von denen war ja keiner fies
oder böse. Die Moral von der Geschichte lautet dann wohl so:
Lade niemals den Pöbel in Dein schönes Schlösschen ein.

Sollen sie doch Kuchen essen ... Andreas
Andy Angerer
2023-12-29 14:28:57 UTC
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Post by Andreas M. Kirchwitz
Ja, das beschreibt es gut, "das muss man schon sehen wollen". :-)
Hihi; vieles in deinem Text erinnert mich auf seltsame
Art an "Swimming Pool". Die Sinnlosigkeit der Handlung,
der hingerotzte Schluss....
Bei Swimming Pool haben sich die Kritiken überschlagen
vor Begeisterung. Dabei war der Film grottenschlecht
und eine grobe Zuschauerverarschung.
Aber er war halt wohl Kuuuuuhhnst.
--
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eine davon ist von mir
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Cornell Binder
2023-12-29 16:17:50 UTC
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Post by Andy Angerer
Post by Andreas M. Kirchwitz
Ja, das beschreibt es gut, "das muss man schon sehen wollen". :-)
Hihi; vieles in deinem Text erinnert mich auf seltsame
Art an "Swimming Pool". Die Sinnlosigkeit der Handlung,
der hingerotzte Schluss....
Bei Swimming Pool haben sich die Kritiken überschlagen
vor Begeisterung. Dabei war der Film grottenschlecht
und eine grobe Zuschauerverarschung.
Mimimimi.

Guck doch Superheldenfilme. Ach nee, die sind ja auch doof.
Post by Andy Angerer
Aber er war halt wohl Kuuuuuhhnst.
Meine Definition für Kunst ist seit ein paar Jahren: "Macht
etwas mit Dir". Geprägt auch durch eine Reportage über
Reaktionen auf flächig einfarbige Bilder die einige
Betrachter sogar zu Vandalismus an diesen Bildern ge-
bracht haben.

Bei Filmen ist es für mich so ein Gefühl am Ende wo mich der
Film nicht mehr los läßt. Da geht es nicht um Frust weil er
irgendwo doof war. Aber es ist so viel mehr als einfach nur
eine nette Komödie oder ein Actionfilm.


Aber natürlich gibt es da keinen Universalanspruch, daß es
auf jeden und auch gleich wirkt. Wir werden für jeden Film
jemanden finden der davon bewegt ist und jemanden der ins
Internet trötet, daß es der größte Scheiß ist.


Und IMHO war die damalige (positive) Kritik auch schon klar
genug um zu erkennen, daß es kein gefälliger Film ist und
vor allem auch, daß es Arthouse ist. Wer da dann reingeht
und sich überfordert fühlt, ist irgendwo vorher schon falsch
abgebogen.


CoBi
--
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Andy Angerer
2023-12-30 15:09:18 UTC
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Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Post by Andreas M. Kirchwitz
Ja, das beschreibt es gut, "das muss man schon sehen wollen". :-)
Hihi; vieles in deinem Text erinnert mich auf seltsame
Art an "Swimming Pool". Die Sinnlosigkeit der Handlung,
der hingerotzte Schluss....
Bei Swimming Pool haben sich die Kritiken überschlagen
vor Begeisterung. Dabei war der Film grottenschlecht
und eine grobe Zuschauerverarschung.
Mimimimi.
Guck doch Superheldenfilme. Ach nee, die sind ja auch doof.
Was soll der Blödsinn, o Hanswurst?
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Aber er war halt wohl Kuuuuuhhnst.
Meine Definition für Kunst ist seit ein paar Jahren: "Macht
etwas mit Dir". Geprägt auch durch eine Reportage über
Reaktionen auf flächig einfarbige Bilder die einige
Betrachter sogar zu Vandalismus an diesen Bildern ge-
bracht haben.
Bei Filmen ist es für mich so ein Gefühl am Ende wo mich der
Film nicht mehr los läßt. Da geht es nicht um Frust weil er
irgendwo doof war. Aber es ist so viel mehr als einfach nur
eine nette Komödie oder ein Actionfilm.
Aber natürlich gibt es da keinen Universalanspruch, daß es
auf jeden und auch gleich wirkt. Wir werden für jeden Film
jemanden finden der davon bewegt ist und jemanden der ins
Internet trötet, daß es der größte Scheiß ist.
Danke; kam ja doch noch was substanzielles.
Post by Cornell Binder
Und IMHO war die damalige (positive) Kritik auch schon klar
genug um zu erkennen, daß es kein gefälliger Film ist und
vor allem auch, daß es Arthouse ist. Wer da dann reingeht
und sich überfordert fühlt, ist irgendwo vorher schon falsch
abgebogen.
Es gibt auch so etwas wie objektive Kriterien.
Zugegeben: ich bin nicht "reingegangen", sondern hab ihn mir
vor ein paar Jahren im Fernseh angeguckt. Außerdem wird er
als "Thriller" eingeordnet und nicht als "Arthouse".
(Ja; mir ist klar, dass das eine das andere
nicht ausschließt.)

Wie auch immer.
In diesem Film wird der Zuschauer ungefähr 90 Minuten lang
hingehalten; es findet keinerlei echte Handlung statt,
sondern alles bleibt Vorgeplänkel zur Handlung.
Jede einzelne Szene verspricht, dass jetzt dann endlich die Geschichte
beginnt. Doch sie beginnt nicht; auch die nächste Szene enthält wieder
nur dieses Versprechen. 90 Minuten lang. Dann beginnt die Geschichte
wirklich und sie wird in 10 Minuten erzählt. Und sie ist dermaßen
blöd, dass man sich wünscht, sie hätte _gar nicht_ begonnen.

Das einzig gute und der Grund, warum ich den Film dennoch
genossen habe, ist, dass man da Charlotte Rampling 100 Minuten
lang bei der Arbeit zusehen kann.
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Cornell Binder
2023-12-30 18:52:49 UTC
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Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Und IMHO war die damalige (positive) Kritik auch schon klar
genug um zu erkennen, daß es kein gefälliger Film ist und
vor allem auch, daß es Arthouse ist. Wer da dann reingeht
und sich überfordert fühlt, ist irgendwo vorher schon falsch
abgebogen.
Es gibt auch so etwas wie objektive Kriterien.
Und die wären?
Post by Andy Angerer
Zugegeben: ich bin nicht "reingegangen", sondern hab ihn mir
vor ein paar Jahren im Fernseh angeguckt. Außerdem wird er
als "Thriller" eingeordnet und nicht als "Arthouse".
Einordnungen hat der Film viele. Es gibt ja keine offzielle
Stelle die abschließend festlegt: "Thriller".
Post by Andy Angerer
(Ja; mir ist klar, dass das eine das andere
nicht ausschließt.)
In der IMDB findest Du z.B. auch Crime und Mystery.
Post by Andy Angerer
In diesem Film wird der Zuschauer ungefähr 90 Minuten lang
hingehalten; es findet keinerlei echte Handlung statt,
sondern alles bleibt Vorgeplänkel zur Handlung.
Der Film macht etwas, was dramaturgisch völlig normal ist.
Er erzählt eine (subjektive) Erzählung und wir als Zu-
schauer vertrauen natürlich darauf, daß der Erzähler ehr-
lich mit uns ist. Und es ist eine Jahrhunderte alte
Tradition, daß uns der Erzähler nicht die volle Wahrheit
erzählt. Meisterwerke arbeiten sich an dieser Technik ab.
Swimming Pool ist jetzt keines. Und ich verstehe auch, wenn
Zuschauer über das Ende enttäuscht sind. Aber das ist halt
eine persönliche Enttäuschung auf Basis von persönlichen
Erwartungen. Das Problem hat jeder Film.
Post by Andy Angerer
Jede einzelne Szene verspricht, dass jetzt dann endlich die Geschichte
beginnt. Doch sie beginnt nicht; auch die nächste Szene enthält wieder
nur dieses Versprechen. 90 Minuten lang. Dann beginnt die Geschichte
wirklich und sie wird in 10 Minuten erzählt. Und sie ist dermaßen
blöd, dass man sich wünscht, sie hätte _gar nicht_ begonnen.
Das ist jetzt aber ein Du-Problem. Du hättest gern, daß da
jetzt was passiert. Du bist darüber enttäuscht, daß da nicht
das passiert ist, was Du gern hättest. Andere waren davon
begeistert. Wie das halt gern bei Filme so ist.

Kennst Du das Konzept des retardierenden Elements in der
Dramatik. Das ist die bewußte Hinauszögerung der Fortsetzung
der Handlung. Es gibt einen osteuropäischen Film über zwei
Attentäter dessen mir Name mir gerade entfallen ist, der das
auf die Spitze treibt und im Zuschauer völlig verschiedene
Arten von Anspannungen erzeugt. Und selbst am Ende wo die
eigentliche Handlung abgeschlossen ist, wird der Zuschauer
nicht entlassen, sondern der Film geht IIRC noch mindestens
fünf Minuten weiter und endet dann einfach unvermittelt.

Arthouse halt.


Es ist auch völlig okay, wenn man mit sowas nichts anfangen
kann. Und man darf das auch Kritisieren. Aber dann sollte es
doch etwas mehr Substanz haben, als einfach nur "Kuuuuuuhnst"
zu schreiben.


Das macht ja auch den Reiz einer Diskussion hier aus.
Darüber zu schreiben *warum* man was doof oder gut findet.

Für "alles doof" und "endlich sagst mal einer" brauchts das
hier nicht.


CoBi
--
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Andy Angerer
2023-12-31 19:03:09 UTC
Permalink
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Und IMHO war die damalige (positive) Kritik auch schon klar
genug um zu erkennen, daß es kein gefälliger Film ist und
vor allem auch, daß es Arthouse ist. Wer da dann reingeht
und sich überfordert fühlt, ist irgendwo vorher schon falsch
abgebogen.
Es gibt auch so etwas wie objektive Kriterien.
Und die wären?
Schrieb ich doch:
Die schwachsinnige (Thriller-) Handlung wird in die letzten
10 Minuten gequetscht und davor wird der Zuschauer 90 Minuten
lang am Nasenring durch die Manege geführt.
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
In diesem Film wird der Zuschauer ungefähr 90 Minuten lang
hingehalten; es findet keinerlei echte Handlung statt,
sondern alles bleibt Vorgeplänkel zur Handlung.
Der Film macht etwas, was dramaturgisch völlig normal ist.
Er erzählt eine (subjektive) Erzählung und wir als Zu-
schauer vertrauen natürlich darauf, daß der Erzähler ehr-
lich mit uns ist. Und es ist eine Jahrhunderte alte
Tradition, daß uns der Erzähler nicht die volle Wahrheit
erzählt. Meisterwerke arbeiten sich an dieser Technik ab.
Swimming Pool ist jetzt keines. Und ich verstehe auch, wenn
Zuschauer über das Ende enttäuscht sind. Aber das ist halt
eine persönliche Enttäuschung auf Basis von persönlichen
Erwartungen. Das Problem hat jeder Film.
Man kann natürlich alles erklären und rechtfertigen.
Aber ein Film mit 90 Minuten Leerlauf und 10 Minuten
Handlung ist vor allem eines: einfach schlecht.
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Jede einzelne Szene verspricht, dass jetzt dann endlich die Geschichte
beginnt. Doch sie beginnt nicht; auch die nächste Szene enthält wieder
nur dieses Versprechen. 90 Minuten lang. Dann beginnt die Geschichte
wirklich und sie wird in 10 Minuten erzählt. Und sie ist dermaßen
blöd, dass man sich wünscht, sie hätte _gar nicht_ begonnen.
Das ist jetzt aber ein Du-Problem. Du hättest gern, daß da
jetzt was passiert. Du bist darüber enttäuscht, daß da nicht
das passiert ist, was Du gern hättest. Andere waren davon
begeistert. Wie das halt gern bei Filme so ist.
Klar: manche lassen sich gern am Nasenring....
Post by Cornell Binder
Kennst Du das Konzept des retardierenden Elements in der
Dramatik. Das ist die bewußte Hinauszögerung der Fortsetzung
der Handlung. Es gibt einen osteuropäischen Film über zwei
Attentäter dessen mir Name mir gerade entfallen ist, der das
auf die Spitze treibt und im Zuschauer völlig verschiedene
Arten von Anspannungen erzeugt. Und selbst am Ende wo die
eigentliche Handlung abgeschlossen ist, wird der Zuschauer
nicht entlassen, sondern der Film geht IIRC noch mindestens
fünf Minuten weiter und endet dann einfach unvermittelt.
Arthouse halt.
Aha: "Arthouse" heißt also, Stilmittel nicht gezielt und
dosiert einzusetzen, sondern gnadenlos zu übertreiben und
den Zuschauer damit zu erschlagen?
Post by Cornell Binder
Es ist auch völlig okay, wenn man mit sowas nichts anfangen
kann. Und man darf das auch Kritisieren. Aber dann sollte es
doch etwas mehr Substanz haben, als einfach nur "Kuuuuuuhnst"
zu schreiben.
Das macht ja auch den Reiz einer Diskussion hier aus.
Darüber zu schreiben *warum* man was doof oder gut findet.
Ganz deiner Meinung.
Aber dafür möchte ich gerne erstmal wissen, ob das überhaupt
jemanden interessiert. Denn wenn es keiner lesen will, genügt
es sehr wohl, einfach nur "Kuuuuuuhnst" zu schreiben.
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eine davon ist von mir
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Cornell Binder
2024-01-01 04:36:34 UTC
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Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Und IMHO war die damalige (positive) Kritik auch schon klar
genug um zu erkennen, daß es kein gefälliger Film ist und
vor allem auch, daß es Arthouse ist. Wer da dann reingeht
und sich überfordert fühlt, ist irgendwo vorher schon falsch
abgebogen.
Es gibt auch so etwas wie objektive Kriterien.
Und die wären?
Die schwachsinnige (Thriller-) Handlung wird in die letzten
10 Minuten gequetscht und davor wird der Zuschauer 90 Minuten
lang am Nasenring durch die Manege geführt.
Sorry, aber das sind keine objektiven Kriterien, sondern
drei subjektive Bewertungen.
Post by Andy Angerer
Man kann natürlich alles erklären und rechtfertigen.
Aber ein Film mit 90 Minuten Leerlauf und 10 Minuten
Handlung ist vor allem eines: einfach schlecht.
Genauso gut kann man einfach alles für schlecht erklären uns
sein subjektives Empfinden einfach zu objektiven Kriteren
erklären.
Post by Andy Angerer
Klar: manche lassen sich gern am Nasenring....
Und andere halten sich für objektiv.
Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Arthouse halt.
Aha: "Arthouse" heißt also, Stilmittel nicht gezielt und
dosiert einzusetzen, sondern gnadenlos zu übertreiben und
den Zuschauer damit zu erschlagen?
Eine vermeintlich gnadenlose Übertreibung kann genau die
richtige Dosierung sein. Das muss kein Widerspruch sein.
Und man kann auch gezielt Zuschauer "erschlagen". Das ist
auch wieder kein Widerspruch.

Am Ende ist Arthouse ja auch nur eine Bezeichnung für etwas
nischenartiges, was keine Anspruch auf Massenbefriedigung
hat.
Post by Andy Angerer
Aber dafür möchte ich gerne erstmal wissen, ob das überhaupt
jemanden interessiert. Denn wenn es keiner lesen will, genügt
es sehr wohl, einfach nur "Kuuuuuuhnst" zu schreiben.
Ah, Du gehst also schon per default davon aus, das es
niemanden interessieren könnte, was Du so schreibst. Das
erklärt in der Tat die Kürze.


CoBi - *tusch*
--
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Andy Angerer
2024-01-03 13:21:01 UTC
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Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Und IMHO war die damalige (positive) Kritik auch schon klar
genug um zu erkennen, daß es kein gefälliger Film ist und
vor allem auch, daß es Arthouse ist. Wer da dann reingeht
und sich überfordert fühlt, ist irgendwo vorher schon falsch
abgebogen.
Es gibt auch so etwas wie objektive Kriterien.
Und die wären?
Die schwachsinnige (Thriller-) Handlung wird in die letzten
10 Minuten gequetscht und davor wird der Zuschauer 90 Minuten
lang am Nasenring durch die Manege geführt.
Sorry, aber das sind keine objektiven Kriterien, sondern
drei subjektive Bewertungen.
90 Minuten Leerlauf und 10 Minuten Handlung sind nicht objektiv?
Post by Cornell Binder
Eine vermeintlich gnadenlose Übertreibung kann genau die
richtige Dosierung sein. Das muss kein Widerspruch sein.
Und man kann auch gezielt Zuschauer "erschlagen". Das ist
auch wieder kein Widerspruch.
Kann; ja. In ganz seltenen Fällen.
Meistens jedoch ist so etwas einfach nur schlecht.
Post by Cornell Binder
Am Ende ist Arthouse ja auch nur eine Bezeichnung für etwas
nischenartiges, was keine Anspruch auf Massenbefriedigung
hat.
Ich weiß; ich hätte einen ;-) setzen müssen.
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Aber dafür möchte ich gerne erstmal wissen, ob das überhaupt
jemanden interessiert. Denn wenn es keiner lesen will, genügt
es sehr wohl, einfach nur "Kuuuuuuhnst" zu schreiben.
Ah, Du gehst also schon per default davon aus, das es
niemanden interessieren könnte, was Du so schreibst. Das
erklärt in der Tat die Kürze.
Natürlich; ich maße mir nicht an, per default davon auszugehen,
dass mein Senf andere unbedingt interessieren muss.
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2024-01-03 14:52:00 UTC
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Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Es gibt auch so etwas wie objektive Kriterien.
Und die wären?
Die schwachsinnige (Thriller-) Handlung wird in die letzten
10 Minuten gequetscht und davor wird der Zuschauer 90 Minuten
lang am Nasenring durch die Manege geführt.
Sorry, aber das sind keine objektiven Kriterien, sondern
drei subjektive Bewertungen.
90 Minuten Leerlauf und 10 Minuten Handlung sind nicht objektiv?
Nein. "Leerlauf" ist eine rein subjektive Bewertung, Genauso
wie der Rest des Satzes.

Deswegen habe ich ja nachgefragt, was das für angeblich
objektive Kriterien sind.


CoBi
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Andy Angerer
2024-01-03 15:26:25 UTC
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Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Post by Cornell Binder
Post by Andy Angerer
Es gibt auch so etwas wie objektive Kriterien.
Und die wären?
Die schwachsinnige (Thriller-) Handlung wird in die letzten
10 Minuten gequetscht und davor wird der Zuschauer 90 Minuten
lang am Nasenring durch die Manege geführt.
Sorry, aber das sind keine objektiven Kriterien, sondern
drei subjektive Bewertungen.
90 Minuten Leerlauf und 10 Minuten Handlung sind nicht objektiv?
Nein. "Leerlauf" ist eine rein subjektive Bewertung, Genauso
wie der Rest des Satzes.
Ok; wir sehen das offenbar unterschiedlich.
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Michael Pachta
2023-12-29 15:44:08 UTC
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Post by Andreas M. Kirchwitz
Genau deshalb konnte ich bis zum Schluss auch die Motivation
der Hauptfigur nicht nachvollziehen. Warum hat er so einen
Hass darauf? Wie wir am Ende erfahren, war sein Vorgehen
an vielen Stellen sogar geplant.
Vielleicht wollte er sich einfach nur das Vermögen der Familie
erschleichen. Dass er am Ende nackt durch das Schloss tanzt, sagt mir:
"Ätsch, ich habe euch alle gef*ckt."
Andreas M. Kirchwitz
2023-12-30 15:10:19 UTC
Permalink
Post by Michael Pachta
Post by Andreas M. Kirchwitz
Genau deshalb konnte ich bis zum Schluss auch die Motivation
der Hauptfigur nicht nachvollziehen. Warum hat er so einen
Hass darauf? Wie wir am Ende erfahren, war sein Vorgehen
an vielen Stellen sogar geplant.
Vielleicht wollte er sich einfach nur das Vermögen der Familie
"Ätsch, ich habe euch alle gef*ckt."
Wenn es hier nur schnöde ums Geld gegangen wäre, dafür steckten
bei der Hauptfigur meiner Meinung nach zu viel Emotionen drin,
dann hätte man die Figur kühler und distanzierter anlegen müssen.
Die Hauptfigur schien nicht viel Wert auf Geld oder allgemein
Luxus zu legen, darüber hat sie sich oft sogar lustig gemacht.

Für mich sah es eher nach einer persönlichen Fehde aus, und ich
habe keineswegs eine epische Hintergrundanalyse erwartet, aber
als am Ende die Rückblicke kamen, hätte ich mir was Erhellendes
diesbezüglich gewünscht.

Natürlich ist dies nur meine Meinung. Und man könnte es ja sogar
als Pluspunkt deuten, dass der Film hier zur Diskussion anregt.

Aber gut, wir werden es wohl nie erfahren, ich hab auch ein
bisschen recherchiert, aber der Film ist in diesem Punkt offen.
Ich glaube, ich mache mir da einfach zu viele Gedanken. :-)

Trotzdem freue ich mich über den Austausch von Ideen und
Erklärungen, die es hier gegeben hat.

Grüße, Andreas
Andy Angerer
2023-12-30 16:52:12 UTC
Permalink
Post by Andreas M. Kirchwitz
Für mich sah es eher nach einer persönlichen Fehde aus, und ich
habe keineswegs eine epische Hintergrundanalyse erwartet, aber
als am Ende die Rückblicke kamen, hätte ich mir was Erhellendes
diesbezüglich gewünscht.
Mimimi....
Dann guck halt Superheldenfilme!

(scnr)
--
! NEU !
Kurzgeschichten
eine davon ist von mir
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Cornell Binder
2023-12-29 16:04:46 UTC
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Post by Andreas M. Kirchwitz
Post by Cornell Binder
Wobei mich die Songauswahl von Anfang an mitgenommen hat.
Nicht ganz so intensiv wie bei Marie Antoinette aber es war
grundsätzlich ein Mixtape für mich. Das mag überbrückt
haben, was für andere langweilige Szenen waren.
Jepp, nette Song-Auswahl, das hat mich bei der Stange gehalten,
sonst hätte ich vermutlich mittendrin nicht mehr weitergeschaut.
Post by Cornell Binder
Die Darstellung eines degenerierten und selbstherrlichen
Adels fand ich sehr gelungen. Ist alles nicht neu, aber
das kann man ja kaum einem Film vorwerfen, wenn es so gut
umgesetzt ist.
Ich habe zwar verstanden, dass die Macher des Films das zum
Ausdruck bringen wollten, doch filmisch gut umgesetzt war es
meiner Meinung nach nicht. Wenn man Geld und so ein Schloss
hat, dann lebt man eben entsprechend. Ich fand das nicht
sonderlich überzogen, abstoßend oder verwerflich, wie die
gelebt haben.
Es geht IMHO mehr um das von der Realität entfremdete Leben.
Ich habe laut aufgelacht als Common People im Film diskutiert
wurde.

Das bisserl was ich so vom britischen Adel mitbekomme scheint
zu bestätigen, daß das alles nicht wirklich übertrieben ist,
was wir da im Film sehen. Pointiert, aber grundsätzlich real.

Gefangen im ewigen Enui gepaart mit der Selbstlüge, daß man
schon irgendwie überlegen seien muß um so zu leben und zu
haben, was der Rest der Bevölkerung nicht hat.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Genau deshalb konnte ich bis zum Schluss auch die Motivation
der Hauptfigur nicht nachvollziehen. Warum hat er so einen
Hass darauf? Wie wir am Ende erfahren, war sein Vorgehen
an vielen Stellen sogar geplant. Das war also keine impulsive
Entwicklung, sondern da muss es eine Vorgeschichte gegeben haben,
jedoch hat für mich die Hauptfigur so nicht funktioniert, weil
es ohne weitere Hintergrundinfos unglaubwürdig für mich war.
Es ist ja nicht so, daß wir in Deutschland eine klassenfreie
Gesellschaft hätten. Aber das ist in Großbritanien auf einem
anderen Niveau. Während sich bei uns die Oberschicht elegant
wegversteckt, wird dort ja regelrecht der Klassenunter-
schied ausgelebt und dem einfachen Volk auch immer wieder
unvermittelt klargemacht wo sein Platz ist. Das war ja auch
so ein Moment in der Frühstücksszene wo Oliver wohl Gosford
Park nie gesehen hat und deswegen keine Ahnung von der
Etikette hatte.

Oder z.B. auch so Aussprache Dinge. Das wird im Film zwar
nicht thematisiert, aber irgendwann hat die britische Elite
damit mal angefangen eine eigene Aussprache als Schiboleth
zu erfinden um sich vom Plebs abzusetzen. "Is-sju" statt
"Isch-ju" und so.


Insoweit braucht es da für mich keine persönlichen Anlaß für
Oliver. Resp. die echte Verliebtheit ist wohl der Anlaß,
warum es nun Alex und seine Familie trifft, sonst wäre es
wohl jemand anders geworden. Oliver hat Klassenhass und die
Intelligenz und Soziopathie zu handeln. Und eben auch den
langen Atem. Insoweit ist für mich da auch das Ende nicht
unlogisch.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Doch ich weiß nicht, was der Film mir sagen wollte.
Wollte er realistisch sein? Oder war es einfach nur
ein durchgeknallter LSD-Trip ohne tiefere Message?
Vielleicht ist ein bisserl Kontext über die englische
Gesellschaft notwendig? Ich kann durch Deine Schilderung
schon verstehen, daß ich da offensichtlich vieles deut-
lich anders wahrgenommen habe als Du.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Ich hätte auch gern viel Geld und so ein nettes Schlösschen.
Und ich glaube, ich würde genau so leben wie die im Film,
also ich fand die eigentlich durchaus sympathisch, halt so
typisch Adel, etwas schräg, aber von denen war ja keiner fies
oder böse.
Bitte? "Poor Dear Pamela" (Ihr Rollenname laut IMDB) war
doch genau das Element im Drehbuch um die Doppelzüngigkeit
durchzuspielen. Diese falsche vordergründige Freundlichkeit
und die absolute Bösartigkeit hinter dem Rücken. Die
ständige Suche nach dem nächsten Skandal oder Drama um sich
das Maul zerreissen zu können. Deswegen ja auch diese
"Begeisterung" für Olivers Schicksal.
Post by Andreas M. Kirchwitz
Lade niemals den Pöbel in Dein schönes Schlösschen ein.
Wenn Du die normal fandest, sollte Du vielleicht mal in Dich
gehen. >:)


CoBi
--
recently seen in a cinema near me:
Mission: Impossible Dead Reckoning Teil Eins .......................... 3224
Kandahar .............................................................. 3223
Insidious: The Red Door ............................................... 3222
Michael Pachta
2023-12-29 15:41:47 UTC
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Post by Cornell Binder
Die Darstellung eines degenerierten und selbstherrlichen
Adels fand ich sehr gelungen.
Ich war verwundert, dass das Familienoberhaupt nur ein "Sir" war, also
einen nicht-erblichen Titel besaß. Bei dem Schloss hätte ich eher einen
Lord (z.B. einen Earl) erwartet.
F. W.
2024-01-22 07:36:17 UTC
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Post by Andreas M. Kirchwitz
Wenn man wieder runter von dem Trip ist, bleibt aber weiterhin die
unbeantwortete Frage, warum haben die Figuren so gehandelt haben, wie
es dargestellt worden ist. Schade. Das macht alles kaputt.
Ich finde auch, dass der Film nur an der Oberfläche kratzt. Man könnte
ja erklären, warum die Figuren so handeln wie sie handeln. Im Falle des
Hauptprotagonisten ist das ja versucht worden.

Mein Gewinn aus dem Film: ich habe wieder "You`re gorgeous" auf der
Playlist.

FW

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